Eigene Bedürfnisse in einer Partnerschaft leben: So funktioniert’s!
Vielleicht hast du es auch schon ähnlich erlebt:
Du lebst seit kurzem in einer Beziehung, dein neuer Freund liebt Mountainbiken und du bist so super-duper verliebt, dass du bald darauf ein neues Hobby hast:
Mountainbiken!
Anstatt dich wie früher regelmässig mit Freunden zu treffen, kurvst du nun auf holprigen Pfaden in den Bergen herum. Die Beulen, Schrammen und Prellungen nimmst du dabei gerne in Kauf. Auch die Schulterschmerzen und Wadenkrämpfe, die Kniebeschwerden und das Hüftziepen. Denn: Du bist ja sooo verliebt!
Aber irgendwann tauchen die ersten Momente der Unzufriedenheit auf und du reagierst vermehrt gereizt auf deinen Freund. Vielleicht spürst du auch körperliche Symptome (nebst den oben genannten…), die es dir verunmöglichen, am Wochenende aufs Bike zu steigen.
Das ist definitiv der Zeitpunkt, um genauer hinzusehen. Falls auch du die Tendenz hast, dich und deine Bedürfnisse in einer Beziehung aufzugeben oder die Hobbies von deinem Partner zu übernehmen, kann dir dieser Artikel helfen, dir darüber klar zu werden, was du verändern musst, damit es dir wieder so richtig gut geht. Am Ende erfährst du auch, welche Methode mir selber hilft, bewusst bei mir zu bleiben und meine Bedürfnisse nicht zu vernachlässigen.
Woran erkennst du, dass du die eigenen Bedürfnisse ignorierst?
In den seltensten Fällen kommt eine Frau in meine kinesiologische Praxis und sagt: «Ich ignoriere in der Partnerschaft meine Bedürfnisse und möchte einen Weg finden, diese wieder vermehrt wahrzunehmen.»
Nein. Wenn Frauen zu mir in die Praxis kommen, wissen sie meistens nicht, dass sie in der Partnerschaft ihre Bedürfnisse zurückstellen. Sie kommen zu mir, weil sie spüren, dass etwas nicht (mehr) stimmt und nicht mehr so ist wie früher. Manche reagieren mit Körpersymptomen (und haben diese in der Regel schulmedizinisch abgeklärt), andere erklären, dass sie gereizt auf ihren Mann reagieren und nicht wissen, weshalb dem so ist. Weitere fühlen sich unruhig, angespannt oder sie leiden unter Schlafproblemen.
Die Auswirkungen variieren von Frau zu Frau. Deshalb ist die Ursache auch nicht auf den ersten Blick ersichtlich.
Die eigenen Bedürfnisse leben: Weshalb ist das so schwierig?
Die Gründe für das Aufgeben der eigenen Bedürfnisse können vielfältig sein. Oftmals hat es mit der eigenen Lebensgeschichte, der Kindheit oder Jugendzeit zu tun. Nicht selten musste man in der Kindheit die eigenen Bedürfnisse hintenanstellen (weil z. B. die Position des Problemkinds schon besetzt war und dieses die ganze Aufmerksamkeit der Eltern abverlangte) oder man wollte die Mutter nicht noch mehr belasten, weil sie selbst unglücklich war. Da hatten die eigenen Bedürfnisse schlichtweg keinen Platz mehr.
Meistens entwickelt man aufgrund seiner Biografie Ängste oder Glaubenssätze, die einem im Erwachsenenalter im Wege stehen.
Wenn du Mühe hast, in deiner Partnerschaft deine Bedürfnisse zu kommunizieren, können folgende Ängste hineinspielen:
- Angst vor Trennung
- Angst, nicht gut genug zu sein
- Angst vor Ablehnung
Und wenn du nach einem der folgenden Glaubenssätze lebst, kann es sein, dass du die Tendenz hast, deine Bedürfnisse zu ignorieren:
- Was ich will, ist nicht wichtig.
- So wie ich bin, bin ich nicht liebenswert.
- Nur wenn ich mich anpasse, bekomme ich Zuwendung.
- So wie ich wirklich bin, will mich eh keiner.
- Man übergeht mich und meine Wünsche.
- Ich muss es anderen immer recht machen.
- Ich darf nicht anecken, sonst droht Strafe.
- Wünsche sind Illusionen, die man sich aus dem Kopf schlagen muss.
Welche eigenen Bedürfnisse werden in einer Partnerschaft aufgegeben?
Die Bedürfnisse, die in einer Partnerschaft aufgegeben werden, können mannigfaltig sein: Vielleicht ist es ein Hobby, von dem du dich abkehrst — entweder, weil dein Freund das Hobby nicht akzeptiert oder ihr sonst zu wenig Gemeinsamkeiten aufweist. Es kann auch sein, dass du mit deinem Partner in einer Wohnung wohnst, in der du dich nicht wohl fühlst, dass du ein Auto fährst, das nicht zu dir passt oder du mit deinem Partner Freunde von ihm triffst, die dich schlichtweg anöden. Wenn du Zeiten der Ruhe und Stille benötigst und dein Freund eine aktive Person ist, kann es sein, dass du in deiner Partnerschaft dein Bedürfnis nach Ruhe und Entspannung ignorierst. Oder du liebst es sehr aufgeräumt und sauber, dein Freund lebt aber bestens mit einer dicken Portion Unordnung und Staub.
Wichtig ist, überhaupt erstmal zu erkennen, dass du deine Bedürfnisse ignorierst. Danach trägst du die Verantwortung, dafür zu sorgen, dass deinen Bedürfnissen in der Partnerschaft genügend Raum eingeräumt wird. Es ist deine Aufgabe, dich selbst und deine Wünsche zu würdigen, für dich einzustehen und deine Bedürfnisse nicht aufzugeben. Das kann manchmal ganz schön herausfordernd sein, vor allem dann, wenn du jahrelang alles stillschweigend hingenommen und dich verleugnet hast. Dies zu verändern braucht Mut und Stärke.
Wie kannst du deine Bedürfnisse erkennen?
Hast du dir mal die Frage gestellt, was du tun würdest, wenn du Single wärst? Was hätte in deinem Leben Platz, was käme weg? Damit sind nicht unbedingt Gegenstände gemeint, sondern auch Hobbys, Freunde, Wochenendbeschäftigungen, Rituale, Gewohnheiten etc.
Dies ist ein effektiver erster Schritt, um zu erkennen, was dir derzeit in deinem Leben fehlt und was du gerne in dein Leben zurückholen möchtest.
Ich empfehle dir, dazu eine Liste zu erstellen. Der Titel dieser Liste könnte lauten: Was brauche ich, damit es mir so richtig knackig bombig gut geht? Ein Beispiel einer solchen Liste findest du übrigens hier als PDF oder am Ende des Artikels im Word-Format.
Achte darauf, dass der Fokus ganz auf dir liegt. Widme dich dir selbst und schau zu, was da auf der Liste landet. Du darfst dabei wunderbar freizügig sein, grosszügig mit dir. Das hat auch nichts mit Egoismus zu tun, sondern mit Selbstliebe. Auf die Liste wandert alles, was für dich Bedeutung hat und dir wichtig ist. Da gibt es auch keine Deadline. Es ist eine wachsende Liste. Vielleicht kommt dir plötzlich beim Gemüseschnippeln eine Idee, auf der Skipiste oder im Wald (ich trage deshalb immer einen kleinen Bleistift und einen Zettel bei mir). Die Liste kann wachsen, ergänzt und vervollständigt werden. Irgendwann ist sie einigermassen komplett, auch wenn sie in sich eine Offenheit aufweist, die es dir erlaubt, sie fortzuführen und abzuändern, wann immer du es dir wünschst. Du kannst diese Liste auch einrahmen und aufhängen. Dann kriegt das Ganze eine eigene Note, nämlich die der Ausrichtung: Du richtest dich aus und vernachlässigst diese Aspekte in deinem Leben nicht, wenn du sie immer wieder siehst.
Die eigenen Bedürfnisse wahrnehmen: Eine spielerische Idee
Du kannst die Liste auch spielerisch nutzen:
Ich habe mir im Spielwarengeschäft einen 10-er-Würfel gekauft. Die Punkte auf meiner Liste sind durchnummeriert (im Worddokument findest du ein paar dieser Punkte, meine Liste weist mittlerweile über 40 Punkte auf).
Jeden dritten Tag würfle ich mit der Intention, diejenige Thematik zu würfeln, der ich in den nächsten drei Tagen bewusst meine Zeit widmen sollte. Wenn ich nun eine acht gewürfelt habe und es stehen insgesamt vier Sätze mit einer acht auf meiner Liste, wähle ich ganz bewusst zwei oder drei davon aus.
Ich persönlich mag die spielerische Komponente sehr, aber wenn du die Liste anders nutzen möchtest, ist das selbstverständlich dir überlassen.
Und noch ein Hinweis für Singles
Solltest du Single sein, kann dir diese Liste ebenfalls von grossem Nutzen sein. Denn der Fokus dieser Liste liegt ganz bei dir. Auf der Liste steht alles, was du (er)leben möchtest — unabhängig davon, ob ein Partner da ist oder nicht. Wenn eines Tages ein Mann in dein Leben schneit, dann wirst du einfach so weiterleben wie bisher und mit dem, was dir guttut.
Das ist sogar die Basis einer erfüllenden Partnerschaft: Wenn du es als Single schaffst, dass es dir so richtig gut geht, wird sich das Miteinander in einer Partnerschaft ganz harmonisch und entspannend ergeben. Dann ist da kein Kräftemessen oder Soll-Ist-Abgleich mehr und auch kein Irrglaube, dass dein Partner dafür zuständig ist, dass du glücklich bist. Wenn du bei dir angekommen bist und gelernt hast, selbst für dich zu sorgen und dich selbst zu lieben, dann überwiegt am Ende in der Partnerschaft genau eines:
Die Liebe.
Weitere Artikel zum Thema Partnerschaft
Falls du in deiner Beziehung an einem Punkt stehst, wo du nicht mehr weiter weisst, kann dir allenfalls der folgende Artikel helfen: Wie kann ich meine Beziehung retten?
WORD-Dokument und PDF zum Herunterladen: Eigene Bedürfnisse leben
Das WORD-Dokument «Eigene Bedürfnisse wahrnehmen» kannst du hier herunterladen.
Das PDF steht hier zum Download bereit.