Wie kann ich meine Beziehung retten? Eine etwas andere Herangehensweise
Mit 17 war ich sicher: DAS war meine grosse Liebe. Wir würden für immer zusammenbleiben – egal, ob ein grosser Teich dazwischenlag oder nicht.
Der grosse Teich war dann doch zu gigantisch. Die Gefühle versumpften ein paar Monate später darin wie mickrige kleine Kaulquappen.
Aber alles halb so schlimm!
Ich war jung. Lebenslustig. Hinterfragte nichts.
Meine Erklärung für die Trennung: Die Distanz war zu gross.
Bei der nächsten Beziehung: Es hat halt einfach nicht richtig gepasst. Punkt.
Dann: Same same.
Ein paar Runzeln später: Same same but different.
I‑r-g-e-n-d-w-a-n‑n dann musste ich in einem klitzekleinen ehrlichen Moment zugeben, dass da was verkehrt lief. Dass ich schon auch meinen Teil dazu beitrug, dass wir nach ein paar Monaten die Nase voll voneinander hatten. Dass es bestimmte Verhaltensweisen gab, die ich wiederholte.
Aber weshalb? Und wie sollte ich da rausfinden?
Antworten darauf fand ich erst Jahre später. Antworten, die mich zufriedenstellten. Antworten, die meinen Klienten dabei helfen, seltener in die alten Muster zurückzufallen. Antworten, die DIR helfen können, nicht einfach den Bettel hinzuschmeissen, wenn es mal schwierig wird, sondern an deiner Beziehung zu arbeiten.
Vielleicht gehörst du nämlich auch zu den Paaren, die jeweils nur zwei Möglichkeiten sehen, wenn sie in einer unglücklichen Beziehung leben:
- Sich vom Partner zu trennen
- Zusammenbleiben und die Beziehung — so wie sie ist – aushalten
Es gibt aber noch eine dritte Möglichkeit, um die es in diesem Artikel geht:
- Zusammenbleiben. Aber anders als bisher. Bewusster. Respektvoller.
Beziehung retten: Woran erkennst du, dass etwas nicht stimmt?
An folgenden Punkten erkennst du, dass etwas an deiner Beziehung nicht mehr stimmt:
- Du streitest dich oft mit dem Partner
- Du regst dich über ihn auf
- Du fühlst dich kontrolliert
- Du klammerst
- Dich interessiert gar nicht mehr, was dein Partner macht
- Ihr habt keinen oder kaum mehr Sex
- Ihr redet kaum noch miteinander
- Dein Partner reagiert immer gereizt auf dich
Vielleicht kommt dir beim Lesen der Punkte der Gedanke: «Also, mein Partner ist eigentlich derjenige, der ein Problem hat. ER müsste was tun. ER klammert. ER reagiert eifersüchtig, nicht ich.»
Mag sein. Dennoch stellt sich die Frage: Was sind DEINE Lernaufgaben in eurer Beziehung? Welche Schlüsse kannst du für dich daraus ziehen? Wo kannst du dein Verhalten ändern?
Wir alle dürfen durch den Partner lernen. Uns besser kennenlernen. Unsere eigenen Muster verändern. Oft ist es sogar so, dass sich der Partner automatisch ändert, wenn wir den eigenen Garten aufgeräumt haben.
Dieser Artikel wird dir also nicht aufzeigen, wie dein Partner sich verändern kann, damit du glücklich und zufrieden bist, sondern wie DU deine Muster in einer Beziehung erkennen und ändern kannst. Wenn du eines Tages dann findest, dass dieser Partner nicht mehr der richtige für dich ist, weil dir vieles bewusst geworden ist, dann ist dies eine andere Entscheidung, als wenn du einfach wegrennst, nur um in der nächsten Partnerschaft dieselben Fehler zu wiederholen.
Beziehung retten: Was sind die Folgen einer ungesunden Beziehung?
Eine mögliche Folge von einer ungesunden Beziehung ist, dass dein Selbstbild immer negativer wird. Du denkst, du kannst nichts, bist nichts – einfach, weil dir das tagtäglich durch dein Partner so vermittelt wird. Aber: Wenn du wegen der Beziehung immer schlechter über dich denkst und du glaubst, du seist wertlos, dann läuft da was falsch in der Partnerschaft!
Eine ungesunde Partnerschaft kann auch körperliche Symptome erzeugen: Erkrankungen wie Rückenschmerzen, Schlafstörungen, Verdauungsbeschwerden sind keine Seltenheit. Auch psychische Beschwerden wie depressive Verstimmungen können sich manifestieren, wenn du jahrelang in einer Beziehung leidest.
Weshalb willst du deine Beziehung retten?
Gibt es für dich gute Gründe, dass du mit deinem Partner zusammenbleiben möchtest? Schluck ein Wahrheitsserum und beantworte die folgenden Fragen:
- Macht es dich traurig, den Kontakt zu den Freunden oder zur Familie von deinem Partner zu verlieren?
- Hast du Angst, alleine dazustehen?
- Würde dich eine Trennung finanziell ruinieren?
- Spürst du, dass du deinen Partner im Grunde genommen noch liebst, auch wenn dir seine seltsamen Mödeli auf den Kecks gehen?
- Hat euch das gemeinsam Erlebte so zusammengeschweisst, dass du das nicht einfach aus dem Fenster werfen möchtest?
- Verwechselst du Abhängigkeit mit Liebe? Hat dein Mann immer die Online-Zahlungen erledigt? Die Steuererklärung ausgefüllt? Den Mülleimer runtergetragen?
Wenn du dir im Klaren darüber bist, weshalb du genau mit diesem einen Partner zusammenbleiben möchtest, kann dir das helfen, die weiteren Schritte anzugehen.
Das Konzept der inneren Stimmen
Hast du schon davon gehört, dass wir nicht nur einfach ein (bewusstes) ICH haben, sondern dass wir aus verschiedenen inneren Anteilen, also Persönlichkeitsanteilen bestehen? Dass sich in uns deshalb auch verschiedene Stimmen zu Wort melden? Hal und Sidra Stone haben dazu in den siebziger Jahren eine Methode «Voice dialogue» entwickelt, Friedemann Schulz von Thun nennt diese Stimmen «Inneres Team».
Je nachdem, wie sich deine Stimmen im Verlaufe deines Lebens entwickelt haben bzw. entwickeln mussten, bist du eher eine liebevolle und unterstützende oder eine kritisierende und fingerzeigende Person.
Oder ganz anders.
Eine oder mehrere Stimmen haben sich mit den Jahren zu sogenannten Hauptstimmen entwickelt. Das sind jene Stimmen, die in deinem Leben das Sagen haben. Je nachdem, wie du deine Kindheit erlebt hast und wie der Umgang in deinem Elternhaus war, hast du ganz andere Hauptstimmen entwickelt als dein Partner.
Ein kurzer Überblick über ein paar wichtige Hauptstimmen:
Der innere Kritiker
Er kennt deine wunden Punkte ganz genau, denn er vergisst nie. NIE! Er hat ein besseres Gedächtnis als ein vegetarischer Dickhäuter. Gegen den Kritiker kannst du nur eins: Verlieren.
Ihn zufriedenstellen? Das geht nicht mal, wenn du tot bist…
Wenn du gestern auf der Party einen Satz gesagt hast, der – sagen wir mal – nicht so ideal war, dann weckt dich dein innerer Kritiker nachts auf. Er schreit dir ins Ohr, dass dieser Satz das dümmste war, das du je gesagt hast. Wie konntest du nur! Er zerreisst dich in 1000 Stücke wie eine Hyäne seine Beute.
Der Perfektionist
Er gibt sich erst dann zufrieden, wenn alles picobello ist. Er fordert immer weiter, da er den Standard halten will. Und der ist hoch. Verflixt hoch.
Liest du deine Mails mehrmals durch, bevor du sie wegschickst? Es könnte sich ja irgendwo ein Rechschreibfehler eingeschlichen haben? Und das wäre dir u‑peinlich? Wenn dem so ist, dann hast du einen starken Perfektionisten.
Der Beschützer
Er kennt die Richtlinien und Regeln der Gesellschaft ganz genau und gibt dir vor, wie du dich zu verhalten hast. Er weiss, wie du sein musst, damit du zur Gruppe gehörst. Wenn du mit deinen Freunden unterwegs bist, weiss der Beschützer genau, welches Verhalten du an den Tag zu legen hast.
Was den Beschützer aushebeln kann? Alkohol. Nicht nur ein kleines Gläschen, nein, aber wenn du genug intus hast, dreht sich der Beschützer vernebelt weg. Du kommst aus dir raus, tust und sagst Dinge, die du dich normalerweise nicht getraust. Leider meldet sich am nächsten Tag (nebst Kater) dein innerer Kritiker zurück, haut dir mit der Keule auf den Kopf und gibt dir zu verstehen, wie sehr du dich blamiert hast!
Der Antreiber
Sein häufigster Satz lautet: Du musst, du musst, du musst.
Bist du jemand, der gerne Sachbücher kauft? Steht das nächste schon im Bücherregal, bevor die anderen zehn fertig gelesen sind — weil das, was im soeben bestellten Buch steht, gaaaaanz wichtig für dich ist?
Ob du’s glaubst oder nicht: Ohne Antreiber würde das Sachbuchlager von Amazon auf die Grösse eines Tennisplatzes schrumpfen.
Zudem ist der Antreiber auch die Stimme, die NIE Zeit hat. 5 Minuten auf den Zug warten? Für den Antreiber verlorene Zeit. Also hetzt er lieber durchs Leben, als dass er dir eine Pause gönnt. Kein Wunder, ist der Antreiber auch zuständig für Stress, Bluthochdruck, Burnout…
Die gute Mutter / Der gute Vater
Die gute Mutter ist immer liebevoll und unterstützend. Sie gibt sich gerne selbst auf und tut alles für die anderen. Sie selber ist ja nicht wichtig!
Wenn du deinem Mann das Mittagessen für den nächsten Arbeitstag vorkochst, seine Unterhosen zusammenlegst, ihm jeden Wunsch von den Lippen liest und diesen erfüllst, dann hast du eine gute Mutter als Hauptstimme.
Der gute Vater ist übrigens das männliche Pendant dazu. Auch sehr unterstützend. Hilft immer. Tut alles. Er wechselt alle Glühbirnen aus und erledigt das Finanzielle von A bis Z.
Ob gute Mutter oder guter Vater: Beide machen den Partner (unbewusst) abhängig von sich.
Der Richter
Der Richter hat nie Schuld. Schuld sind die anderen. Ausnahmslos. Zum Beispiel der Chef. Eine Richterstimme zetert ungefähr wie folgt über den Boss: «Mein Chef ist ein inkompetenter Idiot! Aber eigentlich ist nicht nur mein Chef ein Dödel – nein, die gesamte Abteilung ist nutzlos! Ich bin der einzige, der eine Ahnung hat, wie der Karren läuft. Ohne mich würde alles zusammenbrechen. Die Firma wäre pleite….»
Der Richter sucht den Fehler nie bei sich. Ändern muss sich das Umfeld, die Regierung, der Partner, das Kind, die Mutter, der Chef…
Vielleicht hast du dich irgendwo wiedererkannt. Dann gratuliere! Du hast eine deiner Hauptstimmen identifiziert.
Sehr oft haben wir aber nicht nur eine Hauptstimme, sondern es handelt sich um ein Team aus Stimmen – z. B. kann so ein Team aus Kritiker, Perfektionist und Antreiber bestehen.
Beziehung retten: Welche Stimme sagt was?
Wenn du nun weisst, welche Stimme(n) bei dir ausgeprägt sind, dann kannst du dich fragen: Sage ich in der Partnerschaft das, was ICH will oder das, was eine Stimme will?
Vielleicht fragst du dich jetzt: Moment, woran erkenne ich denn den Unterschied zwischen dem Ich und einer Stimme? Das, was ich sage, bin ja ich?
Jein. Das Ich, von dem hier gesprochen wird, ist ein bewusstes Ich. Es ist ein Ich, das beobachtet und von aussen betrachtet, was läuft. Es wertet nicht. Es findet das, was passiert, weder gut noch schlecht.
Wenn wir hingegen eine Beziehung führen ohne ein bewusstes Ich, sind immer unzählige Stimmen daran beteiligt, die in uns und FÜR uns sprechen.
Ein Beispiel: In den Ferien in Thailand fand meine Beschützerstimme, dass mein Partner nicht adäquat im Restaurant sass. Zu leger sass er da. Zu unanständig. Mit halboffenem Hemd. Zunächst hörte ich mich zu ihm sagen: «Kannst du dich nicht anders hinsetzen?»
Erst nachher fiel mir auf, was da bei mir am Laufen war. Es ging um den Verhaltenskodex, den mein Beschützer im Verlaufe meines Lebens aufgestellt hatte und den mein Partner ignoriert hatte. Da mein Partner einen anderen Kodex hat als ich, stört ihn nicht dasselbe wie mich. SEIN Beschützer hat sich anders entwickelt, denn er hatte ja ein ganz anderes Leben. MEIN Beschützer hingegen flüsterte mir ins Ohr: «Was könnten denn die anderen denken?»
Beziehung retten: Erkenne deine verdrängten Stimmen
Jede Hauptstimme hat immer auch eine Gegenstimme. Das ist die verdrängte Stimme. Das ist der Teil, der früher, wenn er sich gezeigt hat, bestraft wurde. Das ist der Teil, der schnell verletzt ist.
Oft handelt es sich bei diesem Teil um das verletzte innere Kind, das durch Erlebnisse in der Kindheit entstanden ist. Seine Strategie ist es, Schmerz zu vermeiden.
Der Vater einer Klientin hat zum Beispiel mit Liebesentzug reagiert, wenn sie laut war.
Was passierte daraufhin mit dem Teil der Klientin, der gerne laut gewesen wäre? Er wurde verdrängt. Denn der Liebesentzug tat weh. Das wollte die Klientin nicht mehr erleben. So entstand eine angepasste Hauptstimme. Diese Hauptstimme hat sie seit ihrer Kindheit begleitet.
Immer wieder traf sie in ihrem Leben auf Menschen, die laut waren. Zum Beispiel lachte eine Gruppe bei einem Dinner am Nebentisch schallend und redete lautstark. Die Klientin ärgerte sich düsterschwarz.
Weshalb?
Weil sie selber nicht laut sein durfte. Sie selber wurde (früher) dafür bestraft.
Sie spürte eine so dicke Wut im Bauch, dass sie zu den Menschen am Nebentisch sauste und sie zusammenstauchte. Beschimpfte.
Als sie zu ihrem Tisch zurücklief, schämte sie sich in Grund und Boden. Es war ihr so peinlich!
Wenn wir dieses Verhalten nun aus der Perspektive der Stimmen betrachten, so wird deutlich, dass laute Stimmen ein inneres Unbehagen ausgelöst haben. Da die Klientin nicht wusste, dass sie selber einen Knoten zu lösen hatte, verurteilte sie die anderen Personen und versuchte so, ihren Unmut loszuwerden.
Sobald die Klientin dahinterkam, was in ihr ablief, konnte sie ihr Verhalten ändern.
Solltest auch du über Menschen herziehen, die nicht deiner Norm entsprechen, dann frage dich: Was genau löst meine Missstimmung aus?
Weshalb ziehe ich immer dieselben Männer an?
Verdrängte Stimmen erkennst du übrigens auch daran, dass du normalerweise immer dieselben Situationen und Menschen in dein Leben ziehst, die dich triggern. Vielleicht bist du eine sehr verantwortungsbewusste Frau und du fragst dich, weshalb du immer wieder Männer in deinem Leben anziehst, die kiffen und nichts auf die Reihe kriegen.
Die Antwort ist: Deine verdrängte Stimme.
Nicht selten verlieben wir uns in einen Partner, der genau unsere vergrabenen Persönlichkeitsanteile auslebt. Nach der Phase des Verliebtseins nerven wir uns dann gewaltig über ihn. Nicht, weil er ein Spiegel für uns wäre, sondern weil er uns aufzeigt, was wir nicht sehen und nicht sein wollen – aber in unserem Innersten doch sind.
Wenn du einem solchen Partner den Laufpass gibst, kann es sehr gut sein, dass dein nächster Partner wieder ein lebhafter Kiffer ist. Du ziehst diese Menschen so lange in dein Leben, bis du deine unterdrückten Teile hervorgeholt hast. Erst dann hört dieses leidige Spiel auf.
Mehr Informationen dazu findest du in meinem Artikel: Schattenarbeit: Finde Donald Trump in dir
Beziehung retten: Den Wert der Hauptstimmen erkennen
Frage dich, weshalb diese Hauptstimmen, die du im Verlaufe deines Lebens entwickelt hast, zu deinen Hauptstimmen geworden sind.
Was haben sie dir gebracht?
Eine fulminante Karriere ohne Antreiber ist z. B. kaum möglich. Und ein verletztes inneres Kind zu beschützen (d. h. einen starken Beschützer entwickeln), kann manchmal eine lebensnotwendige Massnahme gewesen sein, sonst hättest du deine Kindheit nicht überlebt.
Würdige deine Hauptstimmen!
Wenn du deine Hauptstimmen anerkennst, wird es dir nämlich leichter fallen, ein Gleichgewicht zwischen ihnen und den verdrängten Stimmen zu schaffen. Du willst deine Hauptstimmen ja nicht loswerden. Du willst sie einfach in den Hintergrund treten lassen. Das fällt den Hauptstimmen leichter, wenn sie auch gutgeheissen werden. Wenn du sie aber stattdessen aus deinem Leben verbannen willst, wirst du wieder ein extremes Verhalten entwickeln — einfach in die entgegengesetzte Richtung…
Beziehung retten: Deine Stimmen melden sich nach der Verliebheitsphase zurück
Wenn du verliebt bist, machen deine Stimmen eine Pause. Du stehst sozusagen unter Drogen. Alles ist okay. Dein Partner ist okay. Du bist okay.
Dein Partner findet deine Macken sogar süss! Dich äussert reizend.
Das gibt dir Sicherheit. Du fühlst dich gut und blühst auf.
Irgendwann schleicht sich der Alltag wieder ein. Und damit melden sich die Stimmen zurück, die in dieser ersten Phase geschlafen haben. Plötzlich bemerkt eine Stimme, dass die Wäsche ja grundverkehrt zusammengelegt, das Auto nicht präzise parkiert, der Tisch zu lasch gedeckt worden ist. Und so geht es munter weiter.
Die Stimmen sind auf Entdeckungstour!
Am Anfang der Beziehung hat dich das Verhalten des Partners nicht gestört, weil deine Richterstimme im Ruhemodus war. Jetzt hingegen ist alles anders. Der Partner nervt gewaltig! Du siehst zum Beispiel am frühen Morgen, wie er die Zahnpastatube NICHT von hinten her ausdrückt. Er drückt sie NICHT VON HINTEN AUS!! Du schreist ihn an, er solle DOCH ENDLICH DIE ZAHNPASTA-TUBE VON HINTEN HER AUSDRÜCKEN. GOPF-NOMAL! IST DAS DENN SO SCHWIERIG ZU VERSTEHEN???
Ja. Ist es. Für den Partner heisst es möglicherweise, sein Verhalten zu ändern, nur weil es dich nun plötzlich stört. Er hat die Tube schon immer so ausgedrückt. Am Anfang der Beziehung fandst du es sogar kreativ. Lustig. Hast Spässchen darüber gerissen. Warst ja verliebt. Da war alles betörend. Sogar das Ausdrücken der Zahnpastatube.
Jetzt aber nervt es. Nervt ER.
Was ist in der Zwischenzeit passiert? Das nächste Kapitel gibt Aufschluss darüber.
Beziehung retten: Mit Rollen identifiziert
Wenn die Schmetterlinge ausziehen, melden sich unsere Stimmen wieder zurück. Und wenn die Beziehung lange genug am Laufen ist, rutschen wir in bestimmte Rollen rein.
Hier ein paar «Klassiker»:
Mit Mutterrolle identifiziert
Nehmen wir an, du hast deinen Mann vor einigen Jahren kennengelernt. Ihr wart jung und sexy, habt viel gemeinsam unternommen, wart sehr abenteuerlustig. Du hast damals von einer Karriere als Architektin geträumt, diesen Wunsch aber ein paar Jahre später für die Familie in einen Bunker vergraben. Nun opferst du dich vollkommen für die Familie auf und identifizierst dich komplett mit der Mutterrolle. Du bist das perfekte Mami.
Aber was heisst das für die Beziehung zu deinem Mann?
Sie wird Jahr für Jahr lebloser.
Langweiliger.
Leidenschaftsloser.
Bye bye Sinnlichkeit. Bye bye Passion. Bye bye Sexualität.
Dein Mann hat damals aber nicht eine Mutter geheiratet, sondern dich — eine abenteuerlustige Frau. Und die ist nun weg. Die fehlt ihm!
Krise vorprogrammiert.
Ein Mann ist meistens nicht bereit, den Rest seines Lebens mit einer aufopferungsvollen Mutter zu verbringen. Muss er das, ist es gut möglich, dass er sich eines Tages in die Arbeitskollegin verguckt. Dies, weil sie alles symbolisiert, was in der Partnerschaft fehlt.
7 Tipps, damit sich dein Partner nicht in die nette Arbeitskollegin verliebt, gibt es übrigens weiter unten…
Mit guter Mutter identifiziert
Du bist eine Frau, die immer nur gibt. Bis zur totalen Erschöpfung. Alle anderen kommen vor dir. Du bist die Mutter à la superdiduper.
Irgendwann meldet sich die Gegenstimme dieser Supermutter. Die findet dieses Geben, Geben, Geben zum Kübeln. Die hat es so richtig satt! Die will, dass du auch mal zu dir schaust und nicht immer nur gibst. Die will das Gleichgewicht wieder herstellen.
Wie sie das macht? Indem sie zur schwarzen Witwe wird. Und Gift spritzt. Meistens gegen den Mann. Manchmal auch gegen die Kinder.
Falls dies bei dir der Fall ist, kannst du dich fragen: Was möchte ich gerne anders haben in meinem Leben? Was macht mich unzufrieden? Was würde ich tun, wenn ich keine Familie hätte? Was davon könnte ich auch mit Familie umsetzen?
Vielleicht wird dir auf einmal klar, dass du keine Zeit mehr für dich hast. Keine Zeit mehr, ein Buch zu lesen, auszuruhen, ins Fitnessstudio zu gehen. Keine Zeit mehr, um zu wandern, zu joggen, zu reisen.
Vielleicht merkst du, dass du eine Auszeit brauchst. Nur drei Tage. Um aufzutanken.
Oder dir wird bewusst, dass du wieder eine Arbeit aufnehmen willst. Um rauszukommen.
Oder du findest heraus, dass du Erwachsene um dich herum brauchst. Nicht nur zwischendurch, sondern einen ganzen Tag pro Woche. Um abzuschalten.
Was auch immer es ist, werde dir bewusst, weshalb du so grantig bist. Weshalb du so gereizt reagierst. Weshalb du dich so gefangen fühlst.
Eventuell kann dir auch der Artikel Eigene Bedürfnisse in der Partnerschaft leben: So funktioniert’s dabei helfen, dies herauszufinden.
Mutter-Sohn-Verbindung
Vielleicht ziehst du immer wieder Männer in dein Leben, die ihr Leben nicht wirklich im Griff haben. Die schnell von dir abhängig werden, nie genug Geld haben oder sich nicht um den Haushalt kümmern mögen.
Die einfach alles liegen lassen.
Schuhe. Socken. Shirt.
Bist du deswegen nun eine arme, weil du alles aufräumst? Alles für sie tust?
Nein!
Frage dich, wo in der Vergangenheit du dieses Muster bereits angetroffen hast. Es kann sein, dass du unbewusst das Rollenverhältnis deiner Eltern weiterlebst. Und deine Beziehung wird solange in diesem Rollenverhältnis gelebt, bis du dir dessen bewusst bist.
Und dann was daran änderst.
Vater-Tochter-Verbindung
Es kann sein, dass sich dein Vater früher zurückgezogen hat, wenn du etwas getan hast, das ihm nicht gepasst hat. Er hat dich als Strafe von sich gewiesen.
Dein Partner verhält sich genauso wie dein Vater.
Weshalb?
Weil du dir unterbewusst einen Partner gesucht hast, der dir ein vertrautes Gefühl gibt. Du kennst dieses Verhalten ja aus der Kindheit. Und auch wenn es dir nicht guttut, hast du es doch unbewusst gesucht, weil es dir Sicherheit gibt.
Wie bereits in der Kindheit, suchst du nach dem Rückzug des Partners den Fehler bei dir und versuchst – wie früher bei deinem Vater — mit dem Partner eine Verbindung herzustellen. Du entschuldigst dich vielleicht sogar, obwohl der Fehler gar nicht bei dir liegt. Dein Partner aber blockt dich weiterhin ab.
Selbstzweifel zermürben dich: Was mache ich bloss falsch?
Die Antwort ist: Nichts.
Es ist ein altes Muster. Dein Partner und du leben es weiter. Wenn ihr euch diesem Muster bewusst werdet und euch davon lösen könnt, bedeutet dies eine bewusste Partnerschaft.
Tadelnde Mutter — ungeschickter Sohn
Ihr seid heute auf den Tag genau 5 Jahre zusammen.
Hurra! Freude herrscht!
Das zarte Filet und die Rosmarin-Kartoffeln schmorren im Ofen. Der Château Mouton Rothschild steht auf dem Tisch. Du hast dich ins Zeugs gelegt, dich chic gemacht und freust dich diebisch auf das gemeinsame Abendessen.
Fünf Minuten vor der verabredeten Zeit ruft dich dein Partner an und teilt dir mit, dass er sich eine halbe Stunde verspäten wird.
Eine HALBE Stunde!
Zartes Filet adé.
Du wirst stinkesauer.
Wenn du nicht erkennst, dass dich das verletzt, begrüsst nicht du ihn, sondern eine tadelnde Mutter.
Das heisst dann, dass die Atmosphäre an dem Abend angespannter ist als eure Wäscheleine.
Falls ihr euch eurem Rollenverhalten nicht bewusst seid und du dich mit der vorwurfsvollen Mutter identifizierst, schlüpft dein Freund automatisch in die Rolle des ungeschickten Sohnes. Es kann sogar sein, dass ihm an dem Abend nichts mehr gelingt, er den Rothschild verschüttet oder wie eine Peking-Ente schmatzt und rülpst.
In den folgenden 7 Schritten zeige ich dir nun, wie ihr auch ein bien-cuit-Filet zusammen geniessen könnt…
Deine Beziehung retten in 7 Schritten
Am Ende des Artikels kannst du ein PDF mit den 7 Schritten herunterladen.
Schritt 1: Hauptstimme(n) herausfinden
Beobachte dich die nächsten paar Tage und notiere deine aktiven Stimmen.
Welche Stimme ist deine Hauptstimme? Oder sind es gar mehrere Stimmen? Welche Stimme ist bei dir grad aktiv, wenn du dich ärgerst, nervst, etwas sagst? Welche Stimme schiebt sich immer wieder in den Vordergrund?
Meldet sich bei dir der innere Kritiker, dem du nie was recht machen kannst? Oder der Perfektionist, der erst zufrieden ist, wenn alles superb ist? Oder hast du einen ausgeprägten Beschützer, dessen klare Verhaltens-Richtlinien dir den Schweiss in die Augenhöhle treiben? Oder meldet sich bei dir der Antreiber zu Wort, der dir den letzten Schnauf raubt? Oder die gute Mutter, die sich selbst aufgibt und alles für die anderen tut…?
Schritt 2: Reaktionsmuster erkennen
Notiere deine Reaktionsmuster.
Wie sehen deine Reaktionsmuster aus bzw. die Reaktionsmuster deiner Stimme(n)? Ziehst du dich zurück? Bist du stinksauer und schreist deinen Partner wütend an? Sagst du nichts und schluckst alles runter? Schiesst du verbale Giftpfeile gegen deinen Partner?
Kennst du dieses Muster vielleicht von früher? Lebst du in deiner derzeitigen Beziehung das Muster deiner Eltern?
Beobachte alles. Notiere alles. Wenn du Schritt 1 und 2 ein paar Tage konsequent gemacht hast, weisst du, welche Stimme(n) bei dir das Sagen haben und wie du normalerweise reagierst.
Schritt 3: Verdrängte Stimmen herausfinden
Notiere alles, was heftige Reaktionen und Gefühle in dir auslöst. Suche den Grund nicht beim anderen, sondern bei dir. Gehe also davon aus, dass dein Partner so wie er ist, ganz okay ist. Frage dich, weshalb du schäumst wie eine Brausetablette, wenn er was sagt. Welche Stimmen melden sich? Welche hast du verdrängt, kommen zu kurz? Was macht dich unzufrieden, verletzt dich?
Schritt 4: Rollen durchschauen und Massnahmen einleiten
Welche Rollen haben sich in der Beziehung eingeschlichen? Ist es eine Vater-Tochter-Beziehung? Oder eine Mutter-Sohn-Beziehung? Oder switcht die Beziehung hin und her?
Welche Massnahmen können eingeleitet werden, um aus der Rolle auszutreten?
Wenn du dich zum Beispiel mit der Mutterrolle identifiziert hast, könntest du Zeit für dich alleine einplanen sowie gemeinsame Abende für dich und deinen Partner – ohne Kinder. Ihr könntet allenfalls zwischendurch zu zweit auswärts übernachten, um aus der Alltagsroutine auszusteigen.
Weshalb das wichtig ist?
Weil Liebe etwas Lebendiges ist und täglich gewässert und gepflegt werden muss!
Schritt 5: Gewünschtes Verhalten visualisieren
In Schritt 2 hast du deine Reaktionsmuster festgehalten.
Gehe nochmals deine Notizen mit den Reaktionsmustern durch und frage dich: Wie möchte ich stattdessen reagieren? Was wäre mein gewünschtes Verhalten?
Stelle dir dieses neue Verhalten mit all deinen Sinnen vor: Was siehst du? Was hörst du? Was riechst du? Was spürst du? Nimm dies alles detailliert wahr. Wenn du z. B. beim Hören bist, dann kann das deine Stimme sein, die du hörst, die Worte des Partners, Musik im Hintergrund, ein Wasserglas, das scheppert und so weiter.
Gehe das gewünschte Verhalten mit all deinen Sinnen mehrmals täglich in Gedanken durch.
Was das bewirkt? Du teilst deinem Gehirn mit, wie du dich in Zukunft verhalten möchtest und programmierst es neu.
Schritt 6: Die eigenen Wünsche und die Wünsche des Partners kennen
Welche Wünsche habe ich an die Beziehung, den Partner, die Kinder, den Job — an das Leben? Welche Wünsche hat mein Partner?
Welche Wege gibt es, um unsere Wünsche leben zu können?
Wir dürfen unsere Wünsche kommunizieren. Sagen, was wir möchten. Und gemeinsam Strategien entwickeln, wie diese Wünsche realisiert werden können.
Schritt 7: Sprich an, was dich stört
Nebst deinen Wünschen darfst du deinem Partner auch mitteilen, was dich an ihm und an der Beziehung stört. Was du anders haben möchtest.
Aber: Wenn dich etwas am Partners abstösst – das können Speckröllchen, Kleidung, Geruch sein, so ist es entscheidend, WER spricht, der ihm das mitteilt: Ist es die kritisierende Mutter oder ein bewusstes Ich?
Wenn du deinem Partner deine Bedürfnisse aus dem bewussten Ich mitteilst, so gibt es kein Urteilen und Beschimpfen. Ein bewusstes Ich sagt keine Sätze wie: «Du bist ja soooo langweilig geworden», sondern eher «ich wünschte mir unsere frühere Beziehung zurück. Wir waren abenteuerlustig, hatten Träume, Visionen, Wünsche. Wo ist das alles geblieben? Wie können wir wieder dorthin zurück?» Ein bewusstes Ich sucht nach einer konstruktiven Lösung, um die Beziehung zu verbessern.
Tipp: Wenn ihr in eurer Beziehung über alles sprecht und es mit eurer Beziehung dennoch nicht klappt, so überprüft, welche Persönlichkeitsteile jeweils miteinander sprechen.
PDF zum Herunterladen
Du kannst das PDF mit den 7 Schritten hier herunterladen.
Literaturtipps
Hal und Sidra Stone haben in den siebziger Jahren die Methode «Voice Dialogue» entwickelt, die sich mit den inneren Stimmen befasst. Folgende Bücher von Hal und Sidra Stone kann ich empfehlen (leider nur noch gebraucht erhältlich):
- Du bist viele
- Abenteuer Liebe