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Erstarren, Flucht, Kampf: Eine Simple Erklä­rung Für Unser Verhalten In Der Corona-Krise

Erstarren, Flucht, Kampf: Eine simple Erklä­rung für unser Verhalten in der Corona-Krise

Auf Basis der Poly­vagal-Theorie von Stephen W. Porges

APRIL 2020
Ein Virus hält die GANZE Welt in Atem. Legt unsere Wirt­schaft lahm, beraubt uns unserer Frei­heit und Würde, lässt uns unsere Hilf­lo­sig­keit fühlen, macht uns inner­lich still oder stinkig. Die Maßnahmen treiben uns an den Rand des Wahn­sinns oder in den finan­zi­ellen Ruin. Das Virus verur­sacht Stress, Verzweif­lung, Angst und Panik.

Die Reak­tionen auf das Virus sind ganz unter­schied­lich. Und um diese unter­schied­li­chen Reak­ti­ons­muster geht es in diesem Artikel: Weshalb reagieren die einen mit Panik, andere mit Wut? Weshalb gelingt es den einen, inner­lich ruhig zu bleiben während manch ein anderer in eine Depres­sion fällt oder massive Angst­zu­stände erleidet?

In diesem Artikel geht es also nicht darum, die Maßnahmen in Frage zu stellen. Nein. Mir geht es hier nicht um eine Eintei­lung in richtig oder falsch, in gut oder böse, in recht haben oder nicht recht haben. Es geht einzig und allein darum, dass wir verstehen, WESHALB wir unter­schied­lich reagieren. Es geht darum, dass wir Verständnis fürein­ander zu kriegen. Wir können aus dieser Krise nur gestärkt hervor­gehen, wenn wir ALLE unsere Haus­auf­gaben machen. Und das heißt, dass wir uns unserer blinden Flecken gewahr werden und unsere Schat­ten­seiten inte­grieren. Nur so können wir die Chance, die in dieser Krise steckt, auch als Kollektiv wahr­nehmen. Und nur so können wir schluss­end­lich mit Hilfe eines konstruk­tiven Dialogs ein gemein­schaft­li­ches Mitein­ander schaffen.

Die Verän­de­rungen im außen beginnen immer bei uns selbst. Damit wir bei uns selbst beginnen können, müssen wir uns und unsere Verhal­tens­weise kennen und uns diesen bewusst werden. Wenn wir diesen bewusst sind, heißt das noch lange nicht, dass wir sie auch verstehen. Damit wir diese verstehen, brau­chen wir Erklä­rungen. Erklä­rungen, die helfen zu verstehen, wie wir Menschen ticken. Die Poly­vagal-Theorie von Porges kann diese liefern. Ich weiß, dass ich diese sehr verein­facht darstelle und einiges davon weglasse. Das ist ein bewusster Entscheid meiner­seits. Ich mag es lieber einfach als kompli­ziert 🙂 .

Wer ist Prof. Dr. Stephen W. Porges und was beinhaltet seine Theorie?

Stephen W. Porges ist Wissen­schaftler. Er unter­suchte die Herz­ra­ten­va­ria­bi­lität in Verbin­dung mit dem soge­nannten Vagus­nerv. Dabei wollte er heraus­finden, wann das Herz schneller oder lang­samer schlägt und wie dies im Zusam­men­hang mit dem Vagus­nerv stand. Der Vagus­nerv ist ein Bestand­teil des Para­sym­pa­thikus. Wir kennen den Para­sym­pa­thikus als den Teil vom vege­ta­tiven Nerven­system, der für Entspan­nung sorgt. Stephen W. Porges fand in seinen Forschungen heraus, dass der Para­sym­pa­thikus zwar einer­seits für Entspan­nung sorgt, ande­rer­seits aber auch für eine Art Starre zuständig ist. Dass er auch den Herz­schlag komplett zum Still­stand bringen kann und so zum Beispiel verant­wort­lich dafür ist, dass man uner­wartet stirbt. Dies benannte er zunächst als Vagus­pa­radox: Der Vagus reagiert einer­seits schüt­zend, ande­rer­seits kann er aber auch zum Tod führen. Aus diesem Forschungs­er­gebnis heraus entstand die Poly­vagal-Theorie, die Porges 1994 vorstellte.

Gemäß seiner Forschung und Theorie kann das auto­nome Nerven­system in diese drei Zustände geglie­dert werden:

Dabei sind die beiden Schalt­kreise Gefahr (Mobi­li­sie­rung, Flucht) und Lebens­ge­fahr (Erstar­rung) älter, der Schalt­kreis der Sicher­heit ist jünger. Wenn wir uns in einer schwie­rigen Situa­tion befinden, greifen zuerst die älteren Schalt­kreise Mobi­li­sie­rung oder Erstar­rung, weil sie unser Über­leben sichern.

Folgendes Schema, welches ich auf der Grund­lage von Deb Danas Buch „Die Poly­vagal-Theorie in der Therapie“, erstellt habe, verdeut­licht die drei Zustände:

Sicher­heit, Flucht, Kampf, Erstar­rung: In welchem Zustand befinden wir uns?

Norma­ler­weise swit­chen wir an einem Tag zwischen den drei Zuständen „Sicher­heit, Gefahr und Lebens­ge­fahr“ hin und her. Niemand (ausser viel­leicht der Dalai Lama oder ein Eckhart Tolle) verbringt sein Leben perma­nent im Zustand der Sicher­heit. Die unteren beiden Zustände sind auch wichtig! Sie sichern unser Über­leben. Unser Gehirn scannt nämlich ständig ab, ob es Gefahr wittert. Falls ja, wird der entspre­chende Impuls ans auto­nome Nerven­system weiter­ge­leitet und so entweder Energie frei­ge­setzt für Flucht oder Kampf oder aber es kommt zum Shut­down, zum Kollaps. In letz­terem Fall geht gar nichts mehr.  Dies ist ein GANZ NATÜRLICHER Vorgang!

Das Problem ist, dass es Menschen gibt, die z. B. Trau­mata erlebt haben oder durch Corona retrau­ma­ti­siert werden und deshalb im Zustand der Erstar­rung oder Mobi­li­sie­rung verharren. Menschen, die früher z. B. fest­ge­halten oder einge­sperrt wurden und dabei psychisch, körper­lich oder sexuell miss­han­delt worden sind, können durch die Corona-Mass­nahmen retrau­ma­ti­siert werden. Es kann deshalb sein, dass sie nicht mehr selber aus diesem Zustand heraus­finden.

Mir ist es ein Anliegen, dass wir uns dessen bewusst sind. Dass wir erkennen, was da gerade ausge­löst werden kann – auch auf lange Sicht gesehen. Möglich, dass wir jetzt Leben retten, möglich aber auch, dass wir in den nächsten Monaten oder Jahren unzäh­lige Menschen haben werden, die wegen der Krise in eine Depres­sion oder in ein Burnout rutschen oder – noch schlimmer – suizidal werden. Ich möchte mit diesem Artikel die Masse für dieses Thema sensi­bi­li­sieren.

Beispiel­hafter Corona-Tages­ab­lauf einer normalen Person

Bevor ich auf die Zustände von Gefahr und Lebens­ge­fahr stärker eingehe, skiz­ziere ich einen Corona-Tages­ab­lauf, wie er bei einer Durch­schnitts­bür­gerin aussehen könnte.

Da ist Lisa Durch­schnitt. Eine kinder­lose Single-Frau.

Lisa steht am Morgen auf und strahlt. Sie freut sich aufs Home­of­fice. Corona hat es möglich gemacht. Yeah! Sie muss sich nicht duschen, umziehen, schminken (Lisa befindet sich im Zustand der Sicher­heit). Während sie im flau­schigen Pyjama ihren Computer hoch­fährt, hört sie im Radio die Meldung, dass die Zahl der Infi­zierten in die Höhe geschnellt ist. Schock! Ihr Kopf fühlt sich total verne­belt an und sie erstarrt (Zustand der Lebens­ge­fahr). Nach ein paar Minuten hat sie sich soweit beru­higt, dass sie über­legt, sich einen Vorrat an Spaghetti zuzu­legen. Was, wenn die Hams­terer doch Recht hatten? Was, wenn die Lebens­mit­tel­läden in Kürze auch die Türen schließen? (Kampf­modus, Zustand der Gefahr). Sie mailt ihrem Chef, dass sie erst in zwei Stunden mit der Arbeit beginnen kann. Jetzt muss sie sich doch anziehen…Misteldistel. Glück­lich, dass sie einkaufen gehen kann, trottet sie los (Rück­kehr in den Zustand der Sicher­heit). Bereits vor dem Laden warten die Menschen auf den Einlass, da der 2‑Meter-Abstand einge­halten werden muss. Ein paar dieser Menschen tragen eine Atem­schutz­maske. Alle blicken ängst­lich und ernst. Lisa spürt, wie Panik in ihr hoch­steigt. Am liebsten möchte sie weg von hier (Flucht­modus, Zustand der Gefahr). 

Endlich ist sie an der Reihe und darf rein­gehen. Ein Mitar­beiter des Ladens lächelt sie an und besprüht ihre Hände mit Desin­fek­ti­ons­mittel. Sie fühlt sich wieder sicher, da die Gefahr einer Anste­ckung mini­miert wird. Der Laden bietet viel Platz, die Abstände werden einge­halten, eine Ange­stellte putzt die Griffe mit Desin­fek­ti­ons­mittel.

Der Zustand der Sicher­heit wird fort­ge­setzt.

Nun kommt Lisa beim Nudel­regal an. Lisa sieht eine einzige leere Fläche. Nur Regal. Keine Nudeln. Panik steigt in ihr hoch (Zustand der Gefahr). Sie läuft Rich­tung Reis­regal. Reis geht in der Not auch, findet sie. Aber auch da: Keine einzige Packung mehr vorhanden (Zustand der Gefahr bleibt bestehen).

Lisa findet am Ende ein paar Packungen Quinoa, Buch­weizen und Linsen und füllt ihren Korb mit diesen Lebens­mit­teln. Über­haupt nicht lecker, aber besser als verhun­gern (Lisa bewegt sich wieder Rich­tung Sicher­heit).

Zu Hause ange­kommen, gönnt sie sich einen wunder­baren Latte Macchiato und freut sich über das herr­liche Wetter (Zustand der Sicher­heit kehrt zurück). Plötz­lich nimmt sie beim Trinken ein leichtes Kratzen im Hals wahr. Sie über­prüft bei jedem Schluck ganz genau, ob da was ist. Irgendwie fühlt sie sich plötz­lich unwohl. Sie erstarrt. Ist ihre Stirn nicht auch heißer als sonst? Lisa gehört zwar nicht zur Risi­ko­gruppe, erin­nert sich aber an eine Doku­men­ta­tion, in der eine betrof­fene Person über ihren Aufent­halt auf der Inten­siv­sta­tion berichtet hatte. Der reinste Horror! Lisa fühlt sich wie betäubt (Zustand der Lebens­ge­fahr). An Arbeit ist nicht mehr zu denken.

Lisa mailt ihrem Chef, dass sie krank sei. Sie steigt ins Bett, möchte sich ablenken und ein Buch lesen, aber das geht nicht. Ihre Gedanken rattern unauf­hör­lich (Zustand der Gefahr). Sie steht wieder auf und hört Musik. Das hilft. Etwas später beginnt sie wie wild zu tanzen. Nach ein paar Stücken fühlt sie sich deut­lich besser. Eine Stunde später ist auch das Kratzen im Hals weg (Zustand der Sicher­heit wird wieder­her­ge­stellt).

Mit diesem Tages­ab­lauf von Lisa wird auf einfache Weise sichtbar, wie wir uns täglich zwischen den drei Zuständen der Sicher­heit, Gefahr und Lebens­ge­fahr hin- und her bewegen. Mögli­cher­weise hilft dir diese Geschichte auch, dich an einem Tag selber zu beob­achten und deine eigenen Zustände aufzu­listen.

Corona-Typen und ihre Zustände (Sicher­heit, Flucht, Kampf, Erstar­rung)

Als nächstes gehe ich auf drei verschie­dene Corona-Typen ein, deren Verhalten ich mit der Poly­vagal-Theorie erklären möchte.

Die Hams­terer

Wir kennen sie mitt­ler­weile alle: Die Hams­terer. Unzäh­lige Menschen haben sich zu Beginn der Krise mit zig Packungen Spaghetti, Fusilli und Penne einge­deckt. Auch unser Hintern hat während der Krise plötz­lich einen ganz anderen Stel­len­wert gekriegt und kann dank hunderten von WC-Papier­rollen blitz­blank geputzt werden.

Aus Sicht der Poly­vagal-Theorie befinden sich Hams­terer im Zustand der Gefahr. In dem Moment, in dem sie ihren Einkaufs­wagen mit zig Packungen Nudeln und Toilet­ten­pa­pier bepackt zur Kasse schieben, empfinden sie die Welt als gefähr­lich, beängs­ti­gend und unsi­cher.

Gut möglich, dass sich so mancher nach seinem Hams­ter­kauf gefragt hat, was um Himmels willen in ihn gefahren ist. Wo soll er nun die 200 Rollen Toilet­ten­pa­pier verstauen? Und die drei Kisten Pasta? Dabei hat das Alarm­system von diesen Menschen ledig­lich auf einen Trigger reagiert (entweder auf Horror­mel­dungen in den Medien oder auf ein halb­leeres Nudel­regal) und Gefahr signa­li­siert.

Wenn wir selber nicht gehams­tert haben, kann es sein, dass wir auf Hams­terer mit Unver­ständnis oder Wut reagiert haben. Auch in solchen Momenten sind wir nicht im Zustand der Sicher­heit. Wir spüren eine Gefahr, die von den Hams­te­rern ausgeht (wenn das jeder machen würde…). Gut möglich, dass wir Hams­terer sogar beschimpfen. Wären wir im Zustand der Sicher­heit, würden wir mitfüh­lend auf diese Menschen reagieren. Wir würden erkennen, dass sie aus Angst heraus gehan­delt haben und dass sie in dem Moment nicht anders handeln konnten.

Die Rebellen und Spitzel

Auf Frei­heits­entzug reagieren wir Menschen ganz unter­schied­lich – je nachdem, welche Erfah­rungen wir aus der Kind­heit und Jugend­zeit damit verbinden und wie diese Erfah­rungen uns geprägt haben. Viel­leicht wurden wir früher aufs Zimmer geschickt, weil wir etwas verbockt oder weil wir eine kriti­sche Frage gestellt hatten, auf die der Vater keine Antwort wusste. Die Lösung für die Eltern bestand damals darin, uns als Strafe aufs Zimmer zu schi­cken, weil sie selber nicht mehr weiter wussten und uns nicht schlagen wollten. Sie signa­li­sierten uns mit dieser Bestra­fung aber, dass unser Verhalten nicht richtig war. Wir wurden in diesem Moment abge­lehnt und die Liebe wurde uns bewusst entzogen.

Im Jahr 2020 kommen nun Poli­tiker daher, die uns sagen wollen, was wir zu tun haben. Dass wir nicht mehr raus­gehen dürfen. Dass wir uns nicht mehr mit unseren Freunden treffen, uns nicht mehr abküssen, uns nicht mehr nahe kommen dürfen. Wir sehen uns in unserer Frei­heit beraubt. Gut möglich, dass man in der ehema­ligen DDR aufge­wachsen ist und sich nun zurück­er­in­nert fühlt an die dama­lige Zeit. Damals gehörte dieser Zustand zur Norma­lität: Man war in einem Land einge­schlossen und wurde bespit­zelt. In der Corona-Zeit hat die Bespit­ze­lung durch Mitbürger wieder zuge­nommen. Spitzel nehmen sehr gut wahr, was die anderen falsch machen (die anderen sind nicht soli­da­risch und halten sich nicht ans Gesetz). Sie selber setzen das um, was die Regie­rung ihnen befiehlt und sie empfinden ihr Verhalten deshalb auch als richtig (ich bin die gute Person). Auch Spitzel bewegen sich aus einem Zustand der Gefahr heraus. Sie verglei­chen sich mit den Mitbür­gern und halten diese für gefähr­lich. Dagegen muss man etwas tun. Man muss sich wehren. Sie anzeigen.

Die Ausgangs­sperre kann eine Retrau­ma­ti­sie­rung auslösen

Wer sich auch nur ein biss­chen mit Trau­ma­the­rapie befasst hat, weiß, dass die verhängte Ausgangs­sperre bei unzäh­ligen Menschen eine Retrau­ma­ti­sie­rung auslösen kann. Dass diese Menschen, die früher als Strafe einge­sperrt wurden, genau an diese Situa­tionen zurück­er­in­nert werden. Wie der einzelne Mensch darauf reagiert, ist unter­schied­lich und hängt davon ab, welches Verhalten ihm früher geholfen hat, mit seinem Schmerz umzu­gehen. Es gibt Menschen, die in eine Depres­sion verfallen und sich den ganzen Tag unter die Bett­decke verkrie­chen (auch wegen der Panik­mache in der Presse). Dabei handelt es sich um den Zustand von Lebens­ge­fahr. Bei anderen Menschen kann die Ausgangs­sperre zu Wut oder Aggres­sion führen (Kampf, Gefahr). Diese kann sich gegen die eigene Familie oder gegen das System richten. Andere Personen wiederum richten ihren Blick auf andere Menschen, die sich fehler­haft verhalten und sich nicht an die Maßnahmen halten (Kampf, Gefahr, die von anderen ausgeht. “Wenn das jeder tun würde”). Auch die deut­sche Vergan­gen­heit darf hier nicht außer Acht gelassen werden. In den Zellen stecken noch viele krie­ge­ri­sche Altlasten, die aufge­ar­beitet werden müssen.

Entweder verur­teilen wir Menschen, die rebel­lieren, die sich kritisch äußern, die sich nicht biegen lassen, sich nichts sagen lassen und denen ihre Frei­heit wich­tiger ist als gehorsam. Oder wir lehnen uns gegen die Spitzel auf und finden sie die hinter­letzten Voll­idioten. Mögli­cher­weise stören wir uns aber an den Menschen, die Panik verbreiten oder an jenen, die das Virus schön­reden (“ist nur eine Grippe”). Wer auch immer auf unserer Gegen­seite steht: Auch diese Menschen haben ihre Geschichte – so wie du die deine hast. Und wir dürfen erkennen, dass jeder Mensch aufgrund seiner Geschichte ein Verhalten wählt, das für ihn in dem Moment sein Über­leben am besten sichert. Und wenn wir uns dessen bewusst sind, wird uns unser eigenes Verhalten klarer, aber auch das der Mitmen­schen.

In 5 Schritten zurück in den Zustand der Sicher­heit

Viel­leicht hast du während des Lesens heraus­ge­funden, dass du öfters Momente kennst, in denen du dich entweder wie bene­belt, erstarrt oder blockiert fühlst oder in denen du vor lauter Wut am liebsten eine Wand einschlagen oder laut schreien würdest. Oder du ärgerst dich über deine Mitmen­schen, die sich nicht an die Regeln halten.

Die folgenden 5 Schritte können dir helfen, zurück in den Zustand der Sicher­heit zu kommen.

Dazu noch ein kleiner Hinweis: Wenn du trau­ma­ti­siert bist, kannst du das Trauma selten alleine auflösen bzw. kommst zunächst nicht alleine aus einem Zustand der Immo­bi­li­sie­rung heraus. Es braucht ein thera­peu­ti­sches Setting, das den Zustand der Sicher­heit herzu­stellen vermag. Also ein Gegen­über, das dich begleitet und mit dessen Hilfe du die Erfah­rung machen kannst, dass es gefahrlos möglich ist, dich auch mit Menschen wieder sicher zu fühlen. In dem Fall empfehle ich dir, einen Thera­peuten in deiner Nähe zu suchen, bei dem du dich wohl fühlst und der dich bei deiner Aufar­bei­tung unter­stützen kann.

Vorar­beit

  • Medi­ta­tion: Sicherer Ort
    Diese Medi­ta­tion ist Bestand­teil meines Online­kurses „Blockaden lösen“. Da ich über­zeugt bin, dass sie Menschen in dieser schwie­rigen Zeit dabei unter­stützen kann, schneller in den Zustand der Sicher­heit zurück zu finden, stelle ich die Medi­ta­tion gratis zur Verfü­gung.

Vorgehen, während man den Zustand der Gefahr (Kampf) oder Lebens­ge­fahr (Erstar­rung) wahr­nimmt

1) Zustand erkennen

Wenn du über­re­agierst, erstarrst, dich nervst oder blockiert fühlst, ist es zunächst hilf­reich zu wissen, dass du dich nicht mehr im Zustand der Sicher­heit befindet. Nur schon der Satz „Aha, ich befinde mich nicht mehr im Zustand der Sicher­heit“ kann dir dabei helfen, dies zu erkennen.

2) Zustand benennen und respek­tieren

Am besten benennst du deinen aktu­ellen Zustand, allen­falls auch laut (du sitzt ja eh alleine zu Hause 😉 ). Versprach­li­chung ist sehr wirkungs­voll und notwendig. Dies beschreibt auch die Kinder­psy­cho­ana­ly­ti­kerin Caro­line Elia­cheff sehr schön in ihrem Buch „Das Kind, das eine Katze sein wollte“.
Wenn du wie erstarrt bist, könnte die Versprach­li­chung wie folgt aussehen:
„Ich kann mich nicht mehr bewegen. Ich möchte mich am liebsten den ganzen Tag im Bett verkrie­chen. Die Welt erlebe ich als gefähr­lich. Ich befinde mich im Zustand der Lebens­ge­fahr. Ich weiß, dass mich mein auto­nomes Nerven­system nur schützen möchte. Mit mir ist nichts falsch. Es ist eine auto­ma­ti­sche Reak­tion. Mein auto­nomes Nerven­system hat einfach das Gefühl, ich sei in Lebens­ge­fahr. Ich werde nun langsam meine Finger bewegen und meine Zehen. Ich sehe, dass das geht. Ich kann mich selber wieder in Bewe­gung setzen.“

3) In den Zustand der Gefahr zurück­kehren

Im Zustand der Lebens­ge­fahr hat man keinen Zugang zu seinen Gefühlen mehr. Um zurück in den Zustand der Sicher­heit zu kommen, ist es notwendig, den Zugang zu den Gefühlen (z. B. zur Wut) wieder herzu­stellen und in Kontakt mit den eigenen Gefühlen zu treten. Das heißt, man kommt von der Lebens­ge­fahr nur über den Zustand der Gefahr zurück zur Sicher­heit.

Noch­mals: Ich persön­liche empfehle dir drin­gend, dies in ein paar Sitzungen beglei­tend mit einer Thera­peutin zu machen, bevor dir genü­gend Hilfs­mittel zur Verfü­gung stehen, dass du es alleine zu Hause durch­führen kannst.

Aber hier ein Beispiel, wie der Prozess von der Immo­bi­li­sie­rung zurück in den Zustand der Gefahr in etwa ablaufen könnte:

„Ich stehe langsam auf, summe ein Lied und nehme das rote Sofa­kissen zur Hand. Jetzt schlage ich mit dem Kissen aufs Sofa. Immer wieder. Das Kissen steht für die Regie­rung. Ich spüre nicht viel. Aber ich mache weiter.

Oh, jetzt kommt Wut auf. Die Regie­rung macht mich so wütend! Ich haue mit meiner ganzen Kraft drauf. Ich darf das. Das tut gut! Ich spüre, wie ich ganz viel Kraft in meinen Armen mobi­li­sieren kann. Die Wut steigt aus meinem Bauch hoch in den Kopf. Phoa, so viel Wut, so viel Aggres­sion! Ich könnte schreien. Ich schreie! Laut! Egal, jeder darf das hören! Ääää­ä­ä­äähh!!!
Früher durfte ich nie aggressiv sein. Nie wütend sein. Ich musste immer der Liebe sein. Ich musste mich immer anpassen. Damit ist jetzt Schluss! Meine ganze Wut darf raus!

Jetzt ändert sich was, ich fühl mich plötz­lich unsäg­lich traurig. Ich bin machtlos. Ich kann nichts gegen den Regie­rungs­ent­scheid tun. Sie haben meine Frei­heit gestohlen. Meine Würde. So wie früher. In meiner Kind­heit. Auch damals hat man mich meiner Würde beraubt. Es ist alles so traurig. Ich fühle mich ganz traurig.“

Ein solcher mögli­cher Prozess hab ich hier abge­kürzt darge­stellt. Natür­lich kann sich dies bei dir ganz anders abspielen. Wichtig ist, dass du es schaffst, dich mit deinen wahren Gefühlen zu verbinden und zu erkennen, was alles in dir brodelt. Wenn du deine Gefühle wahr­nehmen kannst, bist du plötz­lich wieder BEI DIR und nicht mehr außer dir. Und wenn du bei dir bist, kannst du aus dem Zustand der Sicher­heit heraus Zusam­men­hänge erkennen und Verhal­tens­weisen aufde­cken, zu denen du vorher keinen Zugang mehr hattest.

4) Wissen, wie man in den Zustand der Sicher­heit zurück­kehren kann

In diesem Schritt ist es sinn­voll, dir bewusst zu werden, wie du zurück in den Zustand der Sicher­heit kommen kannst. Zum Beispiel so: „Ich weiß, dass mein auto­nomes Nerven­system mir vorgau­kelt, ich sei in Gefahr. Ich weiß aber auch, wie ich mich zurück in den Zustand der Sicher­heit bringen kann. Ich habe meine Wut gespürt. Das hat gut getan. Ich möchte jetzt tanzen. Ich brauche Musik. Laute Musik. Das hilft mir. Das tut mir gut. Ich weiß das!“

5) Handeln und Rück­kehr in den Zustand der Sicher­heit

Im nächsten Schritt kommst du durch eine Hand­lung raus aus deinem Zustand der Gefahr. Dies kann bei jeder Person etwas anderes bedeuten. Zum Beispiel könn­test du laute Musik hören oder tanzen oder sonst wie in Bewe­gung kommen. Manchen Menschen hilft es auch, wenn sie eine Klopf­technik anwenden. Even­tuell kannst du dich mit dem sicheren Ort verbinden (siehe Medi­ta­tion). Sehr wirkungs­voll ist es auch, wenn du dich deiner Ressourcen bewusst wirst (also dem, was dir gut tut, was dir Kraft gibt, Sicher­heit, Vertrauen, Mut) und deine Ressourcen akti­vierst.

Hilf­reiche Artikel

Im Artikel Schat­ten­ar­beit: Finde Donald Trump in dir ist eine Vorge­hens­weise beschrieben, die dich dabei unter­stützen kann, dich besser kennen­zu­lernen und deine Schat­ten­an­teile anzu­nehmen. Erst wenn diese inte­griert sind, kannst du mehr und mehr aus dem Zustand der Sicher­heit heraus handeln.

Im Artikel Seeli­sche Blockaden lösen und befreiter leben ist auch eine Klopf­me­thode beschrieben, die dir helfen kann, deine Energie in Bewe­gung zu bringen. Dies kann dich auch wieder dabei unter­stützen, schneller zurück in den Zustand der Sicher­heit zu finden.

Im Artikel Coro­na­virus aus psycho­lo­gi­scher, spiri­tu­eller und astro­lo­gi­scher Sicht erhältst du eine ganz andere Sicht­weise auf das, was im Moment auf der Welt vor sich geht.

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Telefon: +41 (0)76 460 49 87

Lite­ra­tur­tipps für Thera­peuten

*Es handelt sich bei den beiden Links um Affi­liate-Links.

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